Mikroverunreinigungen, auch bekannt als Spurenstoffe, sind in Wasser gelöste Schadstoffe, die nur mit großem Aufwand aus dem Wasser zu entfernen sind und auch in geringen Konzentrationen negative Auswirkungen auf die Trinkwassergewinnung und aquatische Ökosysteme haben können. Sie stammen aus verschiedenen Anwendungen wie Arzneimitteln, Industriechemikalien oder Pestiziden.
Auf europäischer Ebene zielt nun das Zero Pollution Package darauf ab, die Verschmutzung durch diese Mikroschadstoffe zu reduzieren. Dieses Bestreben wird konkretisiert durch die Vorschläge zur Aktualisierung der Stofflisten für die Wasserrahmenrichtlinie, der Kommunalabwasserrichtlinie und der Industrieemissionsrichtlinie. Im Dezember hat die Europäische Kommission ihren Zero Pollution Monitoring und Outlook Ansatz veröffentlicht. Auch die Staaten im Rheineinzugsgebiet unternehmen auf verschiedenen Ebenen umfangreiche Anstrengungen, um Mikroverunreinigungen zu reduzieren.
Die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) befasst sich schon seit über zehn Jahren intensiv mit Mikroverunreinigungen und hat 2019 den IKSR-Fachbericht Nr. 253 mit Maßnahmen-Empfehlungen zu deren Verringerung herausgegeben. Auf der 16. Rheinministerkonferenz am 13.02.2020 in Amsterdam wurde das Programm „Rhein 2040“ verabschiedet, das als Zielvorgabe für das Rheineinzugsgebiet eine Reduktion der Einträge von Mikroverunreinigung um mindestens 30 % bis 2040 vorsieht.
Um das Reduktionsziel regelmäßig überprüfen zu können, wurde ein Monitoring- und Bewertungssystem entwickelt. Dieses europaweit wegweisende System wird nun als IKSR-Fachbericht Nr. 287 auf Deutsch, Französisch, Niederländisch und Englisch veröffentlicht.
58 Stoffe, 48 Messstellen
Für die drei Emissionsbereiche für Mikroverunreinigungen („Kläranlagen“, „Industrie und Gewerbe“ sowie „Landwirtschaft“) werden 58 Stoffe überwacht. Diese Stoffe sind repräsentativ und können negative Auswirkungen auf die Schutzgüter „Trinkwasser“ und „aquatische Ökosysteme“ haben. Beispiele sind das Schmerzmittel Diclofenac, das u. a. in der Holzindustrie eingesetzte Melamin oder das Herbizid Nicosulfuron. Zu den überwachten Stoffen gehören auch die aus verschiedenen Quellen stammenden Per- und polyfluorierte Alkylverbindungen (PFAS). Die Stofflisten werden alle drei Jahre überprüft, so dass neue Indikatorstoffe aufgenommen oder nicht mehr relevante Stoffe gestrichen werden können.
Die Überwachung für die Emissionsbereiche Kläranlagen und Industrie erfolgt durch monatliche Messungen an den 12 Messstellen von Weil am Rhein bei Basel bis Maassluis bei Rotterdam, davon vier an den großen Nebenflüssen Aare, Neckar, Main und Mosel. Für Mikroverunreinigungen aus der Landwirtschaft wurden 36 Messstellen an kleineren Gewässern in landwirtschaftlich geprägten Gebieten im Einzugsgebiet des Rheins festgelegt.
Ergänzt werden die Messungen im Rheinwasser durch ein Schwebstoffmessprogramm der deutschen Bundesanstalt für Gewässerkunde (BfG), die an drei Messstellen monatlich die Schwebstoffe auf 50 Substanzen hin untersuchen wird. Schwebstoffe sind vom Fluss in Form feiner Partikel transportierte organische oder mineralische Feststoffe. Sie sind ein guter Indikator für den Langzeittrend bei Verschmutzungen.
Berichterstattung alle drei Jahre
Die Bewertung des Reduktionsziels wird pro Stoff und Messstelle vorgenommen. Als Referenz dient der Zeitraum 2016-2018. Um das Reduktionsziel von 30 % bis 2040 zu erreichen, muss für jeden Stoff die Fracht um durchschnittlich 1,5 % pro Jahr verringert werden. Für die Landwirtschaft wurde aufgrund der stark schwankenden Konzentrationen ein separater Bewertungsansatz gewählt, der sich an der Anzahl der Überschreitungen eines festgelegten Wertes orientiert.
In der Berichterstattung wird zukünftig tabellarisch für jeden Stoff und jede Messstation angegeben, ob die bisher gemessene Reduktion ausreichend (Ziel wird erreicht), gerade noch ausreichend (Ziel wird bei gleichbleibender Anstrengung erreicht) oder nicht ausreichend (Ziel wird nur erreicht, wenn die Anstrengungen intensiviert werden) ist. Die dreistufige Gesamtbewertung wird anhand der Ampelfarben visualisiert.
Eine Gesamtauswertung mit Berichterstattung in Form eines IKSR-Fachberichts wird alle drei Jahre vorgenommen, erstmals 2024. Im Zuge dieser regelmäßigen Auswertung soll auch überprüft werden, ob es erforderlich ist, das Reduktionsziel zu verschärfen.
Ansprechpartner für Rückfragen
Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR)
Marc Daniel Heintz
marcdaniel.heintz(at)iksr.de
Hintergrundinformation zur IKSR
In der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) arbeiten seit mehr als 70 Jahren die Schweiz, Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Luxemburg und die Europäische Union auf der Basis eines völkerrechtlichen Übereinkommens zusammen, um die vielfältigen Nutzungen und den Schutz des Gewässers in Einklang zu bringen. Für die Umsetzung europäischer Richtlinien wurde die grenzüberschreitende Kooperation auf die Staaten Österreich, Liechtenstein, Italien und die belgische Region Wallonien ausgeweitet.
Aktuelle Präsidentin ist Veronica Manfredi von der Europäischen Kommission. Ihr und den Gremien der IKSR steht ein international besetztes Sekretariat mit Sitz in Koblenz (Deutschland) zur Seite.
Siehe auch www.iksr.org und https://twitter.com/ICPRhine.