Hohe Investitionen in den Umwelt- und Gewässerschutz – ausgelöst durch den Sandoz-Brandunfall vor 30 Jahren - haben aufgezeigt, dass es möglich ist, aus der Kloake Rhein wieder einen weitgehend sauberen Strom zu machen. Dafür ist der vielfältig genutzte Rhein mit seiner hohen Industriedichte an seinen Ufern weltweit zum Beispiel geworden. Unzählige Besucher aus Asien, Afrika, Mittel- und Südamerika sowie weltweite Einladungen zu Umweltkongressen belegen dies.
Koblenz, 13. Oktober 2016
Auf diesen Erfolg haben heute die Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) und die deutsche Flussgebietsgemeinschaft Rhein bei einer Pressekonferenz auf dem NRW-Laborschiff Max Prüss am Sitz der IKSR in Koblenz hingewiesen.
Diese Erfolge waren nur möglich durch ein konzertiertes, international und national abgestimmtes Vorgehen nach dem Sandoz- Brandunfall am 1. November 1986 in Schweizerhalle bei Basel, bei dem mit dem Löschwasser hochtoxische Pestizide in den Rhein gelangten und nahezu den gesamten Fischbestand über 400 km Stromlänge auslöschten.
Ein weiterer Weckruf im Tschernobyl-Jahr 1986! Dieser kam an bei Politik, Industrie und Öffentlichkeit. Innerhalb von 11 Monaten haben die zuständigen Rhein-Minister das Aktionsprogramm Rhein mit konkreten Einleitungsreduzierungen beschlossen. Der Lachs wurde zum Symbol für einen wieder gesundeten Rhein. Gemeinsame Aktivitäten in Behörden, Industrie und Kommunen zeigten rasch große Erfolge.
Ehrgeizige Reduktionsziele für industrielle und kommunale Einleitungen von über 40 Substanzen wurden schon 1992 prozentual weit übertroffen, drei Jahre früher als vorgesehen. Zudem ist die Störfallvorsorge umfassend verbessert worden einschließlich vieler Maßnahmen für die Anlagensicherheit. Solche deutlichen Fortschritte sind nur möglich, wenn alle Akteure ambitioniert Hand in Hand arbeiten. Die damalige Entwicklung des Gewässerschutzes in Europa war rasant. Gründungen weiterer Flussgebietskommissionen belegen dies: 1990 die Internationale Kommission zum Schutz der Elbe, 1994 die Kommissionen zum Schutz der Donau sowie der Maas und der Schelde, 1996 die IKSO zum Schutz der Oder. Die IKSR gibt es schon seit 1950.
Ausgelöst durch die großen Rheinhochwasser 1993 und 1995 erhielt die IKSR am 4. Februar 1995 den Auftrag der Umweltminister, einen gemeinsamen Aktionsplan Hochwasser aufzustellen. Es war eindeutig, dass auch Hochwasserprobleme – ebenso wie Probleme mit der Wasserqualität - nur grenzüberschreitend gelöst werden können. Flussgebietsweite und internationale Koordinierung sind heute EU-rechtlich geregelte Verpflichtungen (Wasserrahmenrichtlinie-WRRL, Hochwasserrisikomanagementrichtlinie – HWRM-RL).
Und wo stehen wir heute?
Das 2. Rhein-Übereinkommen (1999) regelt integriertes Wassermanagement als gemeinsames Ziel, das Wasserqualität, Gewässerökologie und Hochwasservorsorge umfasst und im Programm „Rhein 2020“ genauer beschrieben ist.
Die Umsetzung der EU-Richtlinien geht voran. Mit der WRRL sollte 2015 ein guter Zustand/ein gutes Potenzial aller Gewässer erreicht werden. Viele Ziele sind noch nicht erreicht, da einerseits immer noch einige Stoffe Probleme verursachen, unter anderem Aufgrund von Altlasten und hohen Nährstoffeinträgen. Zum anderen führen ökologische Defizite wie viele Querverbauungen und strukturarme Ufer dazu, dass der Zustand der Gewässer nicht so schnell verbessert werden kann. Aber die Fortschritte sind erkennbar: Z. B. steigen immer mehr erwachsene Lachse wieder in den Oberrhein bis oberhalb von Straßburg auf, um sich in ihren ehemaligen Heimatgewässern zu vermehren. Für das Erreichen der Nebenflüsse im Raum Basel sind noch weitere Fischpässe erforderlich.
Neue Herausforderungen sind die Auswirkungen des Klimawandels, insbesondere die sich ändernden Abflüsse und Wassertemperaturen. Feuchtere Winter und trockenere Sommer werden erwartet. Für regional/lokal bedeutende Starkregenereignisse wie z.B. im Sommer 2016 sind gleichfalls Maßnahmen zur Minderung der nachteiligen Folgen zu entwickeln. Klimaänderungen wirken sich auf viele Bereiche, z. B. den Hochwasserschutz, die Trinkwasserversorgung, die industriellen Aktivitäten, die Landwirtschaft, die Schifffahrt und die natürlichen Lebensräume aus. Niedrigwasser ist somit gleichfalls ein Thema in der IKSR.
Für die Verbesserung des Hochwasserschutzes ist am Rhein die Schaffung von weiteren Hochwasserrückhalteräumen oder allgemein von „Mehr Raum für den Fluss“ wichtig. Die Anstrengungen in den Staaten dürfen nicht nachlassen. Die IKSR hat kürzlich ein Instrument entwickelt, mit dem die Wirkungen von Hochwasservorsorgemaßnahmen nachgewiesen werden können.
Zudem sind viele Mikroverunreinigungen wie Medikamente, Hormone, Insektizide, Duftstoffe aus Reinigungsmitteln, Röntgenkontrastmittel etc. in den Gewässern im Rheineinzugsgebiet nachweisbar, die teilweise nicht in den herkömmlichen Kläranlagen zurückgehalten werden. Hierzu hat die IKSR eine Strategie für relevante Stoffgruppen und deren Eintragspfade entwickelt. Im nächsten Schritt soll über künftige Maßnahmen im Rheineinzugsgebiet gesprochen werden.
Der Zustand des Rheins ist auf einem guten Weg. Jedoch sind die Anstrengungen in allen Staaten unvermindert fortzusetzen. Dazu gehören auch die stetige Kontrolle der Wasserqualität und die konsequente Umsetzung noch vieler ausstehender Maßnahmen.
Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR)
Dr. Anne Schulte-Wülwer-Leidig
Kurzinformationen über die IKSR und FGG Rhein
Internationale Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR)
In der Internationalen Kommission zum Schutz des Rheins (IKSR) arbeiten die Rheinanliegerstaaten Schweiz, Frankreich, Deutschland und Niederlande sowie Luxemburg und die Europäische Gemeinschaft auf der Basis eines völkerrechtlichen Übereinkommens zum Schutz des Rheins zusammen. Dem Präsidenten (derzeit der Niederländer Gustaaf Borchardt) und den Gremien der IKSR steht ein international besetztes Sekretariat mit Sitz in Koblenz (Deutschland) zur Seite. Darüber hinaus unterstützt das Sekretariat die Staaten im Rheineinzugsgebiet, die die europäische Wasserrahmenrichtlinie (Richtlinie 2000/60/EG) und die europäische Hochwasserrisikomanagementrichtlinie (Richtlinie 2007/60/EG) umsetzen. Die grenzüberschreitende Kooperation wurde zu diesem Zweck auf die Staaten Österreich, Liechtenstein und die belgische Region Wallonien ausgeweitet. Die Arbeitssprachen der IKSR sind Deutsch, Französisch und Niederländisch. Detaillierte Informationen zur IKSR finden Sie auf der IKSR-Website www.iksr.org.
Flussgebietsgemeinschaft Rhein (FGG Rhein)
Zur Verbesserung der Zusammenarbeit auch im Hinblick auf die internationale Koordination beim Gewässerschutz im deutschen Einzugsgebiet des Rheins wurde die FGG Rhein von den Ländern Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Thüringen und der Bundesrepublik Deutschland gegründet. Die deutschen Bundesländer am Rhein und der Bund legen innerhalb der FGG Rhein abgestimmte Positionen zu wasserwirtschaftlichen Themen vom Ausfluss des Rheins aus dem Bodensee bis zur deutsch-niederländischen Grenze fest. In der Geschäftsstelle der FGG Rhein in Worms werden die gemeinsamen Arbeiten der Bundesländer und des Bundes zu allen wasserwirtschaftlichen Fragestellungen koordiniert und abgestimmt. Der Vorsitz der FGG Rhein und damit auch der Vorsitz der Rheinministerkonferenz liegt jeweils für drei Jahre bei einem Mitgliedsland. Das Land Nordrhein-Westfalen hat den Vorsitz im Zeitraum von 2015-2017 übernommen. Detaillierte Informationen zur FGG Rhein finden Sie auf der Homepage unter www.fgg-rhein.de.