Umfassende neue Fakten zum Zustand des Rheins und seinem Einzugsgebiet liegen vor.
Koblenz, 22. März 2005
Pünktlich zum diesjährigen internationalen UN – Tag des Wassers am 22. März müssen die EU-Mitgliedstaaten die Berichte über die Bestandsaufnahme des Zustands der Gewässer nach Wasserrahmenrichtlinie vorlegen. Diese Bestandsaufnahme ist ein erster wichtiger Schritt im Durchsetzungsprozess der Wasserrahmenrichtlinie. Die praktischen Arbeiten dazu wurden Ende 2004 in den Staaten abgeschlossen. Jetzt werden die Ergebnisse der Bestandsaufnahme für die Oberflächengewässer und das Grundwasser sowie die wirtschaftliche Analyse der Wassernutzungen an die Europäische Kommission übermittelt. In den Niederlanden wird noch eine Parlamentsdebatte vorgeschaltet. Die Resultate sind Grundlage für die nächsten Schritte bei der Umsetzung der Richtlinie: die Aufstellung der Überwachungsprogramme, die bis Ende 2006 anwendungsbereit sein müssen, sowie der Bewirtschaftungspläne und der Maßnahmenprogramme, die bis Ende 2009 fertig zu stellen sind. Die Richtlinie will bis 2015 europaweit einen guten Zustand der Gewässer und sauberes Grundwasser schaffen. Sie fordert den freien
Informationsaustausch zwischen Bürgern und Behörden über die Bewirtschaftung der Gewässer und die Zusammenarbeit in Flussgebieten über Grenzen hinweg.
Und wo stehen wir am Rhein und seinem Einzugsgebiet?
Der Präsident der IKSR und amtierende Vorsitzende des Koordinierungskomitees Rhein, Herr Fritz Holzwarth, teilt dazu mit:
„Flüsse kennen keine Grenzen. Deshalb erfolgte die Bestandsaufnahme am Rhein in 9 großen Bearbeitungsgebieten, in enger Abstimmung über Länder- und Staatsgrenzen hinweg. Erstmals ist es gelungen, flächendeckend Fakten für den Rhein und sein etwa 200.000 km² großes Einzugsgebiet aus neun Staaten zusammenzutragen. Gemeinsam haben die für den Wasserbereich verantwortlichen Vertreter der Staaten im Koordinierungskomitee Rhein (Italien, Schweiz, Liechtenstein, Österreich, Frankreich, Deutschland, Luxemburg, Belgien und Niederlande) die Ergebnisse für das Rheingebiet ausgewertet.“
- Die stoffliche Belastung des Rheins und seiner Nebenflüsse hat sich in den letzten 30 Jahren erheblich verringert. Grund dafür sind die enormen Investitionen in den kommunalen Kläranlagenbau sowie in Reduzierungsmaßnahmen der Industrie in allen Staaten in Höhe von ca. 50 Milliarden Euro.
- Bekanntestes Beispiel für die deutliche Verbesserung des Rheins sind die Erfolge bei der Wiederbesiedlung mit Lachsen.
- Trotz dieser Erfolge belegt die Bestandsaufnahme, dass es für viele Oberflächengewässer, aber auch für viele Grundwasserleiter, unwahrscheinlich ist, dass die Ziele der Wasserrahmenrichtlinie bis 2015 erreicht werden , falls zusätzliche Maßnahmen nicht umgesetzt werden.
- Einige Stoffe, insbesondere Nährstoffe aber auch Schwermetalle wie Chrom, Kupfer, Zink, Nickel, sowie PCB und Hexachlorbenzol, die heute vorwiegend auf Altlasten früherer Einleitungen oder diffuse Quellen zurückzuführen sind, treten immer noch in zu hohen Mengen auf.
- Augenscheinlich sind am Rhein und allen Nebenflüssen wie Neckar, Main, Mosel u.a. die immensen Veränderungen des Gewässerlaufs, der Ufer und der Auen. Aus Nutzungsgründen zum Beispiel für Schifffahrt, Wasserkraftnutzung, Landwirtschaft und Hochwasserschutz wurden Fließgewässer begradigt, aufgestaut und die Aue durch Deiche vom Gewässer getrennt. Diese deutlichen Änderungen der Struktur haben dazu geführt, dass in den EU-Staaten der Rheinstrom selbst und fast alle großen Rheinnebenflüsse als „Kandidaten für erheblich veränderte Gewässer“ im Sinne der Wasserrahmenrichtlinie identifiziert wurden, für die unter gewissen Voraussetzungen im Bewirtschaftungsplan angepasste Umweltziele festgelegt werden können.
- Bei ungefähr der Hälfte der Grundwasserkörper im gesamten Einzugsgebiet treten zu hohe Nitratgehalte auf. Diese lassen sich nur langsam zurückführen, da Maßnahmen wie geringere Düngung auf landwirtschaftlichen Flächen aufgrund der langsamen Prozesse im Boden erst nach Jahrzehnten Wirkung zeigen.
Diese Fakten belegen klar den künftigen Hakünftigen Handlungsbedarf im gesamten Rheingebiet:
- Fließgewässer sind wieder für Fische durchgängig zu gestalten
- Renaturierung der Ufer und Auen sowie der Sohle führen zu vielfältigeren Lebensräumen und höherer Artenvielfalt
- diffuse Einträge (Nährstoffe; Pflanzenschutzmittel, Metalle, gefährliche Stoffe aus Altlasten), die Fließgewässer, Seen und Grundwasser belasten, sind weiter zu reduzieren
- die bisherige klassische Belastung aus industriellen und kommunalen Punktquellen ist gleichfalls weiter zu vermindern
- Wassernutzungen wie Schifffahrt, Energieerzeugung, Hochwasserschutz sind mit den Umweltzielen in Einklang zu bringen, also ökologisch verträglich zu gestalten.
„Unterschiedliche Schutzziele und Nutzungsinteressen dürfen nicht als unauflösliche Gegensätze begriffen werden, sondern müssen in einem gewässerpolitischen Gesamtkonzept im Sinne nachhaltiger Entwicklung abgewogen und miteinander verknüpft werden“, so Fritz Holzwarth.